Analyse österreichischer Grundsatz- und Wahlprogramme sowie Regierungsabkommen

Andreas Eisl - andreas@doppelstaatsbuerger.at
29. Oktober 2021
 

Einleitung

Die politischen Positionen und Projekte österreichischer Parteien werden in Grundsatzprogrammen, Wahlprogrammen und Regierungsabkommen niedergeschrieben [1]. Im Rahmen unserer Tätigkeiten, haben wir deshalb die aktuellsten Programme der im Nationalrat vertretenen Parteien (Grüne, SPÖ, NEOS, ÖVP, FPÖ) dahingehend durchleuchtet, wie sich die Parteien gegenüber der Doppelstaatsbürgerschaft positionieren.
 

Analyse Grundsatzprogramme

Von den fünf analysierten Grundsatzprogrammen sprechen nur die Programme der Grünen und NEOS das Thema Doppelstaatsbürgerschaft an und befürworten Doppelstaatsbürgerschaft jeweils.
  • Das Grundsatzprogramm der Grünen besagt (S.57): „Doppelstaatsbürgerschaften sind zu ermöglichen und die Verleihung der österreichischen StaatsbürgerInnenschaft zu erleichtern, die Frist für die Antragstellung wesentlich zu verkürzen (derzeit 10 Jahre)“.
  • Das Grundsatzprogramm von NEOS hat einen eigenen Unterpunkt zur Doppelstaatsbürgerschaft, in welchem folgendermaßen argumentiert wird (S.102): „Durch die zunehmende zwischenstaatlichen Eheschließungen und Lebensgemeinschaften aus verschiedenen Ländern ist die Doppelstaatsbürgerschaft zu einer gesellschaftlichen Realität geworden, die Österreicher_innen wie Zuwander_innen gleich betrifft. Es muss der Einzelperson offen stehen, sich zu zwei Staatsgebilden zugehörig zu fühlen“.
 

Analyse Wahlprogramme 2017 und 2019

Keines der im Vorfeld der Nationalratswahlen 2017 und  2019 von den fünf im Parlament vertretenen Parteien veröffentlichten Wahlprogramme erwähnte oder bekannte sich zur Doppelstaatsbürgerschaft.
 

Analyse Regierungsabkommen

Während das aktuelle Regierungsabkommen 2020-2024 zwischen ÖVP und Grünen sich des Themas der Doppelstaatsbürgerschaft nicht annimmt, gab es einen eigenen Unterpunkt zu dieser Thematik im ÖVP-FPÖ Regierungsabkommen 2017-2022 (S.33). In diesem wollten die beiden Parteien die „Doppelstaatsbürgerschaft neu denken“ und haben drei konkrete Projekte diskutiert:
(1) „Doppelstaatsbürgerschaft Südtirol und Alt-Österreicher: Im Geiste der europäischen Integration und zur Förderung einer immer engeren Union der Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten wird in Aussicht genommen, den Angehörigen der Volksgruppen deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol, für die Österreich auf der Grundlage des Pariser Vertrags und der nachfolgenden späteren Praxis die Schutzfunktion ausübt, die Möglichkeit einräumen, zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft zu bewerben“.
(2) „Doppelstaatsbürgerschaft für Nachfahren der Opfer des Nationalsozialismus aus Österreich“.
(3) „Lösung für die Auslandsösterreicher im Vereinigten Königreich, die vom Brexit betroffen sind“.
Von diesen drei geplanten Maßnahmen wurde nur die Maßnahme (2) umgesetzt. Die Umsetzung der Maßnahme (1) scheiterte am Widerstand Italiens während die Maßnahme (3) wohl wegen des verfrühten Koalitionsendes im Gefolge des Ibiza-Skandals. Die Brexit-Frage wurde von der aktuellen Regierung zwischen ÖVP und Grünen nicht mehr berücksichtigt.
 

Bewertende Analyse

Das wichtige Thema der Doppelstaatsbürgerschaft wird von den im Nationalrat vertretenen Parteien – leider – überwiegend ausgeklammert. Besonders bedauerlich ist es, dass keine der Parteien in den Wahlprogrammen der beiden letzten Nationalratswahlen die Thematik überhaupt erwähnt. Deutlicher wird das ÖVP-FPÖ Regierungsabkommen 2017-2022, welches eine Erweiterung der Doppelstaatsbürgerschaft befürwortet, sich jedoch auf bestimmte Volks-/Bevölkerungsgruppen beschränkt (Südtirol, NS-Opfer, Brexit). Eine generelle Befürwortung der Doppelstaatsbürgerschaft findet sich nur in den Grundsatzprogrammen der Grünen und von NEOS, überraschenderweise jedoch nicht in ihren Wahlprogrammen. Aus Sicht von doppelstaatsbuerger.at positiv ist lediglich die Tatsache, dass sich keine der Parlamentsparteien für weitere Einschränkungen im Vergleich zum Status quo oder für ein vollständiges Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft einsetzt.
 

Ziel der überparteilichen Doppelstaatsbürgerschaftsinitiative

Im Rahmen von Gesprächen mit Vertreter*innen der Parlamentsparteien setzt sich doppelstaatsbuerger.at dafür ein, dass sich die Parteien in ihren Grundsatz- und Wahlprogrammen zum Thema Doppelstaatsbürgerschaft äußern und sich für eine generelle Ermöglichung aussprechen. Ziel ist, dass im kommenden Regierungsabkommen der nächsten Regierung die Doppelstaatsbürgerschaft in konkret umsetzbaren und umfassenden Maßnahmen enthalten ist.
 

[1]
Grundsatzprogramme legen die generelle Ausrichtung von politischen Parteien fest und werden in größeren und oftmals unregelmäßigen Abständen abgeändert. Sie beinhalten die spezifischen Werte, Ziele und Forderungen von Parteien. Wahlprogramme werden im Vorfeld von Wahlen beschlossen und präsentieren die konkrete Projekte, die eine Partei in der kommenden Legislaturperiode (und auch darüber hinaus) beschließen möchte.
Regierungsabkommen sind das Resultat von Koalitionsverhandlungen zwischen denjenigen Parteien, die eine Regierung bilden und legen die gemeinsamen, während der Legislaturperiode, zu erledigenden Projekte fest
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Doppelstaatsbürger für Österreich